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Urheber- und Nutzungsrechte: Ein Text ist keine Flasche Wasser

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Inzwischen ist schon seit geraumer Zeit immer wieder vom Urheberrecht, der Frage, ob die aktuelle Rechtslage noch zeitgemäß ist, und einer möglichen Neugestaltung die Rede. Im Rahmen der Diskussion ist dann meist von (illegalen) Downloads die Rede oder vom arglosen Menschen, der auf seiner Website ein im Internet gefundenes Foto einbindet und dann Post vom Anwalt bekommt. Das Urheberrecht ist jedoch ungeheuer komplex, was sich in den aktuellen sehr anstrengenden und kontroversen Diskussionen widerspiegelt. Kaum jemand kennt jede Facette des Urheberrechts, weshalb es auch so schwierig ist, Antworten auf die aktuellen Fragen zu geben. Wir enthalten uns jedenfalls einer öffentlichen Meinung – ganz einfach aus dem Grund, weil uns die Übersicht fehlt.

Allerdings sind wir selbst Urheber und damit direkt betroffen. Für uns geht es jedoch weniger konkret um das Urheberrecht, vielmehr stellen sich uns immer wieder Fragen zum Umgang mit Nutzungsrechten. Wir sind Urheber von Texten, die wir im Auftrag unserer Kunden schreiben. Für unsere Arbeit erhalten wir ein Honorar. Genaugenommen verkaufen wir jedoch nicht unsere Arbeit oder den fertigen Text, sondern die den Kunden eingeräumten Nutzungsrechte. Der Einfachheit halber handhaben wir die Sache jedoch etwas anders, doch dazu später.

Ob wir es wollen oder nicht, durch unsere Arbeit sind wir Schöpfer geistigen Eigentums. Weil sich eine geistige Schöpfung rechtlich gesehen nicht so verkaufen lässt wie eine Flasche Wasser, werden Nutzungsrechte vergeben (wofür der Urheber ein Honorar erhält). Nun ist Nutzungsrecht nicht gleich Nutzungsrecht. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Art das Nutzungsrecht ist, welchen Umfang es hat und welchen Beschränkungen es unterliegt. Zunächst gibt es das einfache und das ausschließliche Nutzungsrecht. Wird einem Kunden ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt, kann der Urheber sein Werk weiterhin selbst nutzen und auch anderen Personen Nutzungsrechte einräumen. In der Praxis würde das bedeuten: Wir schreiben einen Text und erhalten für die Nutzungsrechte ein Honorar, können jedoch auch anderen Kunden Nutzungsrechte für den gleichen Text einräumen und dafür wieder ein Honorar erhalten. – Die Wirklichkeit sieht allerdings anders aus: Kein Kunde, für den wir beispielsweise einen Websitetext schreiben, wäre begeistert, wenn wir den gleichen Text auch an einen anderen Kunden geben würden. (Obendrein dürfte das auch nur in den seltensten Fällen möglich sein, denn es kommt in der Praxis kaum vor, dass ein Text, der für Kunde A hervorragend passt, auch für Kunde B nützlich ist.)

Also kommen wir zum ausschließlichen Nutzungsrecht. Wer das ausschließliche Nutzungsrecht erhält, kann sicher sein, dass niemand außer ihm selbst Nutzungsrechte für das gleiche Werk besitzt. Doch auch jetzt müssen noch weitere Fragen geklärt werden: nach dem Nutzungsgebiet (regional, national, europaweit, weltweit), nach der Nutzungsdauer (ein, fünf, zehn Jahre oder unbegrenzt) und nach dem Nutzungsumfang (womit in der Regel eine Auflage oder die Größe der Zielgruppe gemeint ist).

Doch damit nicht genug (obwohl es sich bereits um eine stark vereinfachte Darstellung handelt): Verschiedene Berufsverbände geben Vergütungstarife heraus, an denen sich Texter orientieren können. Demnach richtet sich das Honorar nach Art und Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte. Nehmen wir jetzt als Beispiel einen kurzen einseitigen PR-Artikel mit rund 3.000 Textzeichen. Die reine Arbeitszeit für den Texter beträgt fünf Stunden, sein angesetzter Stundensatz 50 Euro – der Texter könnte den PR-Artikel also für 250 Euro verkaufen. Handelt der Texter nun nach den Vorschlägen zu den Vergütungstarifen, wird er mit dem Kunden zuerst Nutzungsrechte aushandelt, sich über Art und Umfang der Nutzungsrechte erkundigen und in der Vergütungstabelle nachschlagen: Plötzlich steigt das Honorar für den gleichen Artikel auf rund 1.700 Euro – nämlich dann, wenn ein ausschließliches Nutzungsrecht, weltweit, unbegrenzt und mit umfangreichem Nutzungsumfang vergeben wird.

Aus unserer Sicht ist das allerdings leider die reinste Utopie, wofür es zwei Gründe gibt: Ersten kennen wir keinen Kunden, der bereit wäre, derartige Honorare für Nutzungsrechte zu bezahlen. Und zweitens gibt es Kunden, die zwar einen guten Text benötigen, jedoch über die Handhabung und Anwendung von Nutzungsrechte bisher noch nie etwas oder allenfalls sehr wenig gehört haben. Wenn nun ein solcher Kunde einen Text verfassen lassen will, daraufhin jedoch erst einmal einen juristischen Vortrag erhält, dürfte ihm bald die Lust auf eine Zusammenarbeit vergehen. Das heißt, die praktische Umsetzung der Folgerechte, die sich aus dem Urheberrecht ergeben, ist für viele Kunden unzumutbar und für die übrigen zu teuer.

Wir gehen deshalb einen pragmatischen Weg und räumen all unseren Kunden ein ausschließliches und uneingeschränktes Nutzungsrecht ein. Der Kunde kann mit dem Text also machen, was immer er will – mit einer Einschränkung: Er darf ihn selbst nicht weiterverkaufen. Als Honorar stellen wir die tatsächliche Arbeitszeit in Rechnung, ohne Faktoren für die Einräumung von Nutzungsrechten draufzuschlagen. (Damit sind wir selbst nicht immer völlig zufrieden, doch in der Praxis ist es sehr schwierig und auch umständlich, eine Honorierung nur für die Einräumung von Nutzungsrechten zu erhalten.) Unsere Vorgehensweise hat zumindest drei Vorzüge: Der Kunde erhält einen Text, den er an jedem Ort, so lange er will und ohne Einschränkungen verwenden kann, wir erhalten dafür ein angemessenes Honorar. Und weder unsere Kunden noch wir selbst müssen uns mit rechtlichen Spitzfindigkeiten herumschlagen.


Einsortiert unter:Neues aus der Textabteilung Tagged: Autor, Nutzungsrecht, Urheberrecht

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